Solidarität zeigt sich in konkreter Zusammenarbeit
Stand: 10.05.2023
Solidarpartnerschaft mit Browary (Ukraine) besteht seit September - Zahlreiche Hilfsmaßnahmen.
Seit dem 24. Februar 2022 steht der Überfall der russischen Armee auf die Ukraine mit all seinen Folgen für das Land und die ganze Welt im Zentrum der Aufmerksamkeit und Sorge. In seiner Sitzung im Juli hat der Erlanger Stadtrat einstimmig beschlossen, eine „Solidarpartnerschaft“ mit einer ukrainischen Kommune im Großraum Kiew anzustreben. Auch die Partnerstadt Jena (Thüringen) hatte einen solchen Beschluss gefasst. Die Erlanger entschieden sich dann im letzten September, diese Partnerschaft mit Browary einzugehen. Dazwischen lag eine Zeit der intensiven Suche nach einer Kommune, die hinsichtlich ihrer Größe und Bevölkerungs struktur zu Erlangen passen würde. Bereits eigene Recherchen legten eine Spur nach Browary. Als dann aber auch „Engagement Global“, die von der Bundesregierung finanzierte zentrale Anlaufstelle für weltweite Entwicklungsprojekte, vorschlug, mit der 100.000-Einwohner-Stadt bei Kiew eine Zusammenarbeit aufzunehmen, fiel die Entscheidung nicht mehr schwer.
Geld- und Sachspenden
Unterdessen hatten „Engagement Global“ und die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, eine Organisation der Entwicklungskooperation, im Auftrag verschiedener Ministerien international tätig, Programme aufgelegt, die deutsche Kommunen ermuntern und dabei unterstützen sollten, mit ukrainischen Städten Verbindungen aufzunehmen und dorthin Hilfsgüter zu liefern bzw. Mittel zu überweisen. Erlangen und Jena, durch ihre Partnerschaft seit 1987 engstens verbunden, zögerten nicht lange und gehörten zu der ersten, etwa 30 Kommunen umfassenden Gruppe, die ab Herbst 2022 diese Angebote annehmen konnten.
Die Stadt Erlangen spendete ein Tanklöschfahrzeug für Browary. Haupt- und Ehrenamtliche überführten es in die Ukraine. Foto: Stadt Erlangen
Mit doppelter Kraft konnten so Erlangen und Jena helfen, zunächst mit insgesamt 200.000 Euro für das städtische Krankenhaus in Browary – mit einem Eigenanteil von je 5.000 Euro, dann vor allem mit Generatoren, die bei den ständigen Angriffen der russischen Armee auf die kritische Infrastruktur als Notstromaggregate eingesetzt werden. Parallel dazu rief man die Aktion „LichtER für die Ukraine, Soli darität mit Browary“ ins Leben, die mit etwa 20.000 Euro ein Wohncontainer-Dorf für Binnenflüchtlinge unterstützte. Möglich ist dies alles nur dank einer reichen Erfahrung der Stadtverwaltung Browary im internationalen Austausch. Schon seit Jahren unterhält die Kommune Kontakte zu Städten in Frankreich, Polen, im Baltikum und sogar in den USA. Und auch mit Erlangen und Jena sollen die Verbindungen möglichst bald alle denkbaren Bereiche umfassen. So war zum Winterwaldlauf Ende März bereits eine kleine Gruppe aus Browary zu Gast, im Juni hat sich eine erste offizielle Delegation angemeldet. Hier wie dort hat sich ein Freundeskreis gebildet, um auch die bürgerschaftlichen Kontakte voranzubringen.
Breite Einbindung
Natürlich stehen angesichts des Vernichtungskrieges, den die russische Armee gegen die Ukraine führt, die Hilfsmaßnahmen im Vordergrund. Deshalb freute man sich in Browary riesig über das Erlanger Löschfahrzeug, das im März dort eintraf. Aber auch die „kleinen“ Aktionen, wie ein Benefizkonzert der Chorvereinigung Frauenaurach oder der Pausenverkauf der Heinrich-Kirchner-Schule. Für Anfang Juni plant der Lehrstuhl für Neue und Neueste Geschichte der Universität ein Seminar zur Geschichte Browarys im Zweiten Weltkrieg. Demnächst soll ein Stadtbus „Browary“ den Linienverkehr in Erlangen bedienen und eine nach Erlangen geflohene Journalistin aus Kiew schreibt regelmäßig Reportagen aus Browary für die Erlanger Nachrichten.
Erlangen ging und geht es bei seinen internationalen Kontakten immer darum, die besten Bedingungen für Bürgerpartnerschaften zu schaffen. Ganz im Sinne von Browary, wo man jetzt schon über den Krieg hinausdenkt, entstehen deshalb auch bereits Projekte etwa im Bereich Wirtschaft und Wissenschaft. Doch weitere Anregungen aus der Stadtgesellschaft sind willkommen. Im Rathaus wartet man auf Anregungen. Und wenn etwas nicht mit städtischen Mitteln finanziert werden kann, findet sich vielleicht eine Stiftung oder ein Programm, - um die Lücke zu schließen. Schließlich ist dann immer auch noch die Möglichkeit gegeben, die Stadt Jena einzubinden. Denn aller guten Dinge in einer solchen Solidarpartnerschaft sind drei: Erlangen-Jena-Browary.
Peter Steger
Drei Fragen zur Solidarpartnerschaft: Es antwortet Peter Steger, Städtepartnerschaftsbeauftragter:
Was soll die Zusammenarbeit bewirken?
Peter Steger: „Wir können die Folgen des schrecklichen Krieges nicht einmal auf lokaler Ebene alleine lindern. Deshalb ist es wichtig, neben eigenen Anstrengungen der Kommunen – neben den von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit bereitgestellten Generatoren haben Erlangen und Jena auch bereits zwei Aggregate aus Haushaltsmitteln angekauft und verschickt – staatliche Organisationen einzubinden und Spenden zu gewinnen, um dort die Hilfe zur Selbsthilfe vor Ort zu unterstützen und Solidarität zu zeigen. Wir beweisen so, eine effektivere und mehr zielgerichtete Unterstützung lokaler Strukturen, als das staatliche Stellen mit ihren breitflächigen Programmen zu leisten im Stande wären. Mittlerweile wurde deshalb auch der Kreis der eingebundenen Städte erweitert, und wir dürfen bereits auf neue Hilfsleistungen seitens der Bundesministerien hoffen"
Wie kann ich mich beteiligen?
Peter Steger: „Eine Idee braucht noch nicht unbedingt fertig ausformuliert sein, auch die Finanzierung kann ruhig noch offenbleiben. Wichtig ist nur, inwiefern das Projekt für Browary sinnvoll wäre und umsetzbar erscheint. Je mehr wir an Netzwerkarbeit zwischen der Verwaltung und der Stadt gesellschaft hier wie dort zustande bringen, desto besser. Sie müssen übrigens nicht unbedingt Ukrainisch sprechen."
Was reizt Sie an der Arbeit im Partnerschaftsdreieck?
„Es bietet sich ein ungemein breites Betätigungsfeld. Die Ukraine hat sich entschieden: Sie will zu Europa gehören. Dazu braucht es Verbindungen auf lokaler Ebene bis in die Vereine und Verbände hinein. Hilfreich wäre deshalb möglichst bald die Gründung eines Partnerschaftsvereins, der die zivilgesellschaftlichen Initiativen aufgreift und bündelt, im Rahmen der kommunalen Zusammenarbeit den Rahmen für einen Austausch schafft. Wir wissen alle nicht, wann und wie der Krieg zu Ende geht. Aber es hängt von uns allen ab, wie es danach weitergeht. Dafür können wir jetzt schon die Grundlagen schaffen. Und daran zusammen mit vielen anderen mitwirken zu können, ist beglückend."
Peter Steger: „Dürfen auf neue Hilfsleistungen seitens der Bundesministerien hoffen";
Foto: Büro für Chancengleichheit und Vielfalt/Internationale Beziehungen
(Aus der Stadtzeitung "Rathausplatz 1" - Ausgabe Mai 2023)
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