Rot-Grün abgewählt
Während bei Redaktionsschluss dieses Berichts die "Hängepartie"
zur künftigen Bundesregierung noch andauert, haben sich die Wählerinnen
und Wähler des Wahlkreises 243 Erlangen, bestehend aus der Stadt
Erlangen und dem Landkreis Erlangen-Höchstadt, eindeutig entschieden.
Sie wählten die rot-grüne Regierung ab und votierten für
eine schwarz-gelbe Mehrheit. Stärkster Gewinner ist die CSU mit einem
Sprung von 40,8 % der Zweitstimmen auf 47,9 %, während ihr Partner
FDP von 6,5 % auf 5,4 % abnahm. Für Schwarz-Gelb resultiert daraus
eine Zunahme um 6 %-Punkte von 47,3 % auf jetzt 53,3 %. Dem stehen nur
43,9 % für das rot-grüne Lager gegenüber.
Größter Verlierer ist die SPD, die ihre 39,2 % von 1998 um 6
%-Punkte verfehlte und bei 33,2 % landete. Dieser Verlust konnte vom grünen
Koalitionspartner nicht aufgefangen werden, obwohl die Grünen neben
der CSU der zweite große Gewinner des Wahlabends sind. Sie übertrafen
ihr 98er Ergebnis um 2,6 %-Punkte und erreichten 10,7 %. Damit blieb für
alle anderen Bewerber um Zweitstimmen zusammen nur ein kleiner Rest von
2,8 % übrig.
Großer Erfolg für Stefan Müller (CSU)
Einen großen Erfolg feierte die CSU im Kampf um das Direktmandat. Ihr Bewerber Stefan Müller erreichte auf Anhieb 49,3 % und übertraf damit das Ergebnis seines Vorgängers Dr. Friedrich um 3,3 %-Punkte. Das ist umso bemerkenswerter, als dem politischen Newcomer mit Gisela Niclas von der SPD eine erfahrene Politikerin gegenüber stand. Sie bekam nur 39,6 % der Erststimmen und blieb damit um 3 %-Punkte unter dem 98er Ergebnis ihrer Vorgängerin Heide Mattischeck.
Nur knapper Vorsprung für Gisela Niclas (SPD)
Wer geglaubt hatte, die Erlanger Wählerinnen und Wähler würden
der hier wohnenden und die SPD-Fraktion im Stadtrat führenden Gisela
Niclas zu einem deutlichen Vorsprung vor dem CSU-Kandidaten Stefan Müller
aus Großenseebach verhelfen, musste sich eines Besseren belehren
lassen. Frau Niclas bekam nur 488 Stimmen mehr als Herr Müller.
Dieser Vorsprung von lediglich 0,8 %-Punkten reicht bei weitem nicht, um Müllers
deutlichen Vorsprung im Landkreis (53,7 % zu 36,5 %) auszugleichen. Die
Erlanger ließen bei dieser Entscheidung also nicht ihren
Lokalpatriotismus, sondern eindeutig ihre Neigung zu politischen Lagern
sprechen.
Auf das 98er Ergebnis von Frau Mattischeck verlor Gisela Niclas bei ihrer
ersten Bundestagskandidatur nur 99 Stimmen oder 0,4 %-Punkte. Stefan Müller
erhielt 12 Stimmen mehr als vier Jahre zuvor Herr Dr. Friedrich. Weil
insgesamt aber diesmal 271 gültige Erstimmen mehr als 1998 abgegeben
wurden, verfehlte auch er das Anteilsergebnis seines Vorgängers knapp
um 0,2 %-Punkte.
Einen Achtungserfolg erzielte Jörg Rohde für die FDP. Er schnitt
mit 4,3 % der Erststimmen um 1,5 %-Punkte besser ab als 1998.
CSU überholt SPD, Rot-Grün hält knappen Vorsprung
Am erfolgreichsten bei den Zweitstimmen schnitt die CSU ab. Sie legte
4,6 %-Punkte zu, überflügelte die SPD und kam auf 42,4 % der
Zweitstimmen. Die SPD verlor 4,1 %-Punkte und erhielt 35,5 %. Ihr
derzeitiger Koalitionspartner, die Grünen, verbesserte das 98er
Ergebnis um 3,1 %-Punkte und erreichte mit 13,3 % den höchsten Wert,
seit sie in Erlangen für den Bundestag kandidieren. Die FDP verlor
zum dritten Mal in Folge Zweitstimmenanteile. Gegenüber 1998 beträgt
der Verlust 1,5 %-Punkte. Ihr propagiertes Ziel von 18 %, das sie übrigens
in Erlangen schon einmal erreicht hatte (1949), verfehlte sie mit 5,7 %
deutlich.
Damit ergibt sich in Erlangen die Situation, dass das rot-grüne Lager
seinen 1998 noch deutlichen Vorsprung vor Schwarz-Gelb hauchdünn
halten konnte (48,7 % zu 48,1%; 1998: 49,8 zu 45,0 %), während der
ehemalige Vorsprung der SPD vor der CSU (+ 1,8 %-Punkte) sich in einen
deutlichen Rückstand (- 7,0 %-Punkte) verwandelte.
Wahlbeteiligung
Die Wahlbeteiligung hat sich in der Stadt Erlangen gegenüber 1998 nicht geändert. Sie betrug auch diesmal 81,7 %. Damit haben 13.319 der insgesamt 72.932 Wahlberechtigten nicht von ihrem demokratischen Recht Gebrauch gemacht.
Wählerwanderungen
Natürlich interessiert die Frage, woher die CSU und die Grünen
in Erlangen ihre Gewinne holten und an wen die SPD und die FDP ihre
verloren gegangenen Stimmen abgaben. Da die Wahlbeteiligung exakt die
gleiche Höhe wie vor vier Jahren erreichte, kamen die Gewinne und
Verluste diesmal weniger durch unterschiedlichen Mobilisierungsgrade
zustande, sondern mehr durch Wechselwähler. Da für Erlangen
keine Befragungsergebnisse von Wählern vorliegen, ist diese
Erkenntnis nur durch die Betrachtung der Parteienhochburgen und durch eine
Analyse der Ergebnisse und ihrer Veränderungen in den einzelnen
Wahlbezirken zu gewinnen.
Offensichtlich gab es spürbare Wanderungen von der SPD zur CSU.
Dies zeigt sich daran, dass die CSU die größten Zu-wächse nicht
in ihren eigenen Hochburgen (+ 4,6 %-Punkte) erfuhr, sondern in denen der
SPD (+ 8,3 %-Punkte). Sie gewann auch in den Hochburgen aller anderen
Parteien, aber eben mit Abstand am meisten in denen der SPD.
Damit korrespondiert der Befund, dass die SPD zwar in den Hochburgen aller
Parteien verlor, den größten Verlust aber in ihren eigenen
Hochburgen erlitt (- 9,7 %-Punkte). Es fällt auf, dass dort neben der
CSU auch die Grünen zulegten (+ 3,9 %). Somit verlor die SPD nicht
nur an die CSU sondern - in geringerem Umfang - auch an die Grünen.
Diese legten nicht nur in den SPD-Hochburgen zu. Noch stärker geschah
dies in ihren eigenen Hochburgen (+ 4,7 %-Punkte) und - besonders
bemerkenswert - in denen der FDP (+ 5,1 %-Punkte). Offensichtlich fanden
also auch Wanderungen von der FDP zu den Grünen statt. Daneben gibt
es auch etliche Wähler, die 1998 die FDP gewählt hatten und nun
zur CSU wechselten oder zu ihr zurück kehrten.
Erststimmenverhalten von Wählern kleinerer Parteien
Häufig geben die Anhänger kleinerer Parteien ihre Erststimme
nicht ihrem eigenen (aussichtlosen) Bewerber um das Direktmandat, sondern
dem Bewerber oder der Bewerberin einer der beiden großen Parteien.
Dies geschah auch bei dieser Wahl in Erlangen. Dabei gaben die Anhänger
der Grünen ihre Erststimme bevorzugt an Frau Niclas: Die SPD erhielt
in den Hochburgen der Grünen 32,1 % der Zweitstimmen, aber 48,3 % der
Erststimmen, während dort die Anteile für Erst- und Zweitstimmen
für die CSU nahezu gleich ausfallen. Ähnliches gilt in etwas
abgeschwächter Form auch für die FDP-Wähler.