Zwischenbericht Fahrplan Klima-Aufbruch (2022)
Stand: 31.08.2023
Von März bis Juli 2022 fanden die Sitzungen der Stakeholder-Gruppe und des Bürger*innenrats statt. Die Gruppen arbeiteten in mehreren Sitzungsrunden an einem tragfähigen Maßnahmenkatalog, mit dem Erlangen klimaneutral werden will.
Erlangen konkret: Bericht aus den Sitzungsrunden
Am 24. März und am 1. April haben die ersten Sitzungen der Stakeholder-Gruppe und des Bürger*innenrats stattgefunden. Die Gruppen werden in mehreren Sitzungsrunden an einem tragfähigen Maßnahmenkatalog arbeiten, mit dem Erlangen vor 2030 klimaneutral werden will.
Ich sehe die Teilnahme am Bürger*innenrats als große Chance. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit den anderen Bürgerinnen und Bürgern und bin besonders gespannt auf die Umsetzung und Annahme der Maßnahmen. Teilnehmerin des Bürger*innenrat
Bei den ersten Sitzungen trafen die Beteiligten erstmals in ihren Arbeitsgruppen aufeinander. Dabei ging es vor allem darum, Grundlagen zu schaffen: Ein gegenseitiges Kennenlernen sowie eine Übereinstimmung darüber, was die gemeinsamen Zielsetzungen sind und von welchen Prinzipien die Zusammenarbeit bzw. Arbeitsweise geleitet werden soll.
„Klimaschutz ist ein Thema, das jede Person betrifft. Der Bürger*innenrat ist eine Möglichkeit, neue Wege und Lösungen zu entwickeln. Ich erhoffe mir dabei, neue Erkenntnisse zum Thema „Klimaschutz“ zu erlangen. Teilnehmer des Bürger*innenrats
In den ersten Sitzungsrunden ging es vor allem darum, alle Beteiligten auf einen gemeinsamen Wissenstand zu bringen: Die Analysen des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) sind die Grundlage für alle Maßnahmen, die in den folgenden Sitzungen diskutiert werden. Daher sollen diese Fakten allen interessierten Leser*innen hier vorgestellt werden.
Wie weiß man, wann eine Stadt klimaneutral sein wird?
Will die Gesamtstadt Erlangen ihren Anteil dazu beitragen, dass das 1,5°C-Ziel erreicht wird, kann sie – gerechnet ab 2020 – noch 3,4 Mio. Tonnen CO₂* verbrauchen. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 wurden knapp 900.000 Tonnen CO₂ auf dem Erlanger Stadtgebiet ausgestoßen. Die jährlich ausgestoßene Menge an CO2** wird in einer kommunalen CO2-Bilanz „gezählt“. Diese umfasst fünf Verbrauchssektoren, hier aufgeführt nach ihrem prozentualen Anteil in Erlangen: Private Haushalte (22 Prozent), Verkehr (39 Prozent), Kommunale Einrichtungen (1 Prozent), Gewerbe (24 Prozent), Industrie (14 Prozent).
* dieses Restbudget ergibt sich anteilig aus dem deutschen Gesamtbudget, dass der Sachverständigenrat für Umweltfragen berechnet hat. ** im Prozess gleichbedeutend mit allen Treibhausgasen
Sanierungen, Photovoltaik (PV) und Mobilität – was müsste geschehen, um das 1,5°C Ziel zu erreichen?
- Es gibt rund 20.000 Wohngebäude in Erlangen. Aktuell werden davon jährlich 300 bis 400 Wohngebäude saniert. Um das 1,5°C-Ziel zu erreichen, müssten zukünftig jährlich 2.000 Wohngebäude saniert werden.
- Aktuell sind PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 25 MWp installiert. Dies entspricht einer Fläche von 29 Fußballfeldern. Pro Jahr müssten 14 MWp zusätzlich gebaut werden. Also eine Fläche von 14 Fußballfeldern oder umgerechnet 1 m² pro Einwohner*in und Jahr.
- Im Bereich Mobilität müsste sich die Nachfrage im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) vervierfachen und der Pkw-Verkehr bis 2028 um 75 Prozent verringern.
Das 1,5°C Ziel einzuhalten ist also eine große Herausforderung. Mit dem Fahrplan Klima-Aufbruch stellt sich die Stadt Erlangen dieser Herausforderung, um so schnell wie möglich Klimaneutralität zu erreichen.
Die Folge-Sitzungen: Ausblick
Die Zahlen aus den Erlanger Analysen und die Ergebnisse des aktuellen Weltklimarat-Berichts zeigen eindringlich, dass die Klimaziele noch erreichbar sind, aber schnelle Umsetzungsstärke erfordern. So werden sich die Gruppen in den zweiten Sitzungsrunden am 12. und 13. Mai damit auseinandersetzen, mit welchen Maßnahmen das in Erlangen gelingen kann. Wie können mehr Gebäude saniert werden? Wie kann der ÖPNV attraktiver gestaltet werden? Was kann gegen den Fachkräftemangel unternommen werden? Mit welchen Alternativen zu Erdgas und Öl kann in Erlangen geheizt werden?
Gemeinsam gestalten wir die Zukunft Erlangens!
41 Lösungsansätze
In den zweiten Sitzungsrunden vom Bürger*innenrat und der Stakeholder-Gruppe haben die Teilnehmenden den Maßnahmenkatalog kennengelernt und mit der Weiterentwicklung begonnen. Warum Weiterentwicklung? Der Katalog umfasst 41 Lösungsansätze. Sie wurden auf der Grundlage von Fachanalysen erstellt und zeigen, wie Erlangen klimaneutral werden kann. Die Vertretenden der Bürgerschaft als auch die Vertretenden aus für den Klimaschutz wichtigen Bereichen wie Wirtschaft, Stadtverwaltung und Bildung sollen nun prüfen, wie diese Maßnahmen für Erlangen umsetzbar sind. Sie sprechen über das Für und Wider, sie zeigen, wo die Akzeptanz groß ist, und wie die Maßnahmen auf die Bedürfnisse der Erlanger*innen hin konkretisiert werden können.
Bauen und Sanieren einfach gemacht
Engagiert diskutiert wurde unter anderem das Thema Bauen und Sanieren, das für den Klimaschutz besonders wichtig ist: Der Gebäudebestand in Erlangen muss fortlaufend energieeffizient und ressourcenschonend werden. Das betrifft alle Gebäude – private, gewerbliche und städtische Gebäude. Sowohl im Bürger*innenrat als auch in der Stakeholder-Gruppe wurde dabei klar, dass der Bedarf an umfassender Beratung groß ist. Denn selbst wenn die Bereitschaft zum Sanieren da ist,ist die Umsetzung häufig komplex. Die Informationen zu Maßnahmen und Förderprogrammen sind noch nicht leicht genug zugänglich. Als weiteres Hemmnis wird der Mangel an Handwerkern erkannt.
One Stop Shop - alles aus einer Hand
Von Interesse sind auch sogenannte „Rundum-sorglos-Pakete“ – wie kann erreicht werden, dass jede*r einfachen Zugang zu Informationen und Unterstützung bekommt? Darauf zielt die Maßnahme „One Stop Shop: Fit für die Zukunft“ ab: Beide Gruppen fordern eine zentrale Anlaufstelle, bei der alle Informationen und Beratungsangebote gebündelt zur Verfügung gestellt werden. Als ebenso wichtig angesehen wird eine umfassende Begleitung über den gesamten Bau- oder Sanierungsprozess hinweg. Ob dies eine Energieagentur oder öffentliche Träger leisten sollen, wird im Prozessverlauf weiter diskutiert werden. Ganz klar in der Verantwortung sieht die Stakeholder-Gruppe die Stadt Erlangen beim Ausbau von Photovoltaikanlagen. Die Bereitschaft ist da, alle Möglichkeiten zur Photovoltaik-Nutzung voranzubringen, auf Dachflächen sowie auf versiegelten Flächen. Die Stadt soll dafür die regulatorischen Rahmenbedingungen verbessern und ihre Möglichkeiten in der Bauleitplanung ausschöpfen.
Erlangens Zukunft: Bewegende Aussagen und Forderungen
Der Abschluss der Bürger*innenrats-Sitzungen ist auch ein Fazit darüber, welch große Bedeutung städtische Beteiligungsverfahren haben. Alle Beteiligten zeigen sich bewegt über die Chance, den Maßnahmenkatalog und somit die Zukunft ihrer Stadt aktiv mitgestalten zu können. Die Auseinandersetzung mit den konkreten Möglichkeiten, sich klimaneutral zu verhalten, habe dazu geführt, seine Alltagsgewohnheiten zu überdenken. Der Beteiligungsprozess habe auch gezeigt, dass es Wissen braucht, um die Maßnahmen in ihrer Komplexität zu verstehen. Mit diesem Wissen ist es möglich, Widerstände und Vorurteile abzubauen. Und die Bereitschaft sei da, sich auch über den Prozess hinaus für die Klimaneutralität in Erlangen zu engagieren. Mit Spannung werde nun erwartet, wie sich Erlangen in den nächsten acht Jahren verändern wird.
Nicht nur in Erlangen werden klare politische Weichenstellungen gefordert, die die unternehmerischen und institutionellen Klimaschutz-Maßnahmen unterstützen und voranbringen. So wurde auch in der Stakeholder-Gruppe kontrovers und intensiv über die Maßnahmen diskutiert. Dennoch gab es in der Stakeholder-Gruppe den Wunsch über die Sitzungen hinaus weiterhin im Dialog zu bleiben und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. So wurde als Arbeitsauftrag an die Stadt Erlangen formuliert, dass der Austausch in verschiedenen Formaten weiter angeboten wird.