Die richtige Entsorgung von Arzneimitteln wirft immer wieder Fragen auf und ist auf kommunaler Ebene unterschiedlich geregelt. In Erlangen und Umgebung geht man innovative Wege und setzt neue Maßstäbe. Im Verbund mit dem Zweckverband Abfallwirtschaft der Stadt Erlangen und des Landkreises Erlangen-Höchstadt wurden am Department Chemie und Pharmazie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg neuartige Rückgewinnungsverfahren etabliert. Sie sollen alte Arzneimittel wieder für Forschungszwecke nutzbar machen. Der Zweckverband sammelt zum einen alte Medikamente und stellt sie der Universität zur Verfügung. Zum anderen sorgt er für die ordnungsgemäße Entsorgung nicht verwertbarer Medikamentenreste.
Verwertungsquote liegt bei 50 Prozent
An der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg begannen 2016 im Rahmen der Altarzneimittel-Initiative die ersten Forschungen, um auf breiter Basis Wirkstoffe aus Altarzneimitteln zurückzugewinnen. Das Ziel: Wertvolle Wirkstoffe aus alten Arzneimitteln, die sonst in den Restmüll und die Müllverbrennung wandern würden, für Forschungszwecke wie beispielsweise der Entwicklung neuer Antibiotika weiternutzen. An Mensch oder Tier kommen die rückgewonnen Wirkstoffe dabei nicht zum Einsatz.
Entstanden ist so eine weltweit einzigartige Initiative. So konnten 2022 vier Tonnen Medikamente gesammelt werden. Die durchschnittlichen Verwertungsquote liegt bei 50 Prozent. „In den Laboratorien der Friedrich-Alexander-Universität werden die bereits ausgearbeiteten Rückgewinnungsverfahren laufend optimiert und Forschung und Lehre in Deutschland somit nachhaltig gefördert“, erläutert Prof. Markus Heinrich vom Department Chemie und Pharmazie der Universität.
Darüber hinaus konnte die regionale Sammlung von Altarzneimitteln, die bisher die Stadt Erlangen und die Landkreise Erlangen-Höchstadt und Forchheim umfasst, in den letzten Monaten um zahlreiche Partner im Bundesgebiet erweitert werden. Zu den Partnern zählen mittlerweile mehrere große Universitätskliniken und Klinikverbünde. Die stetig wachsende Anzahl und die jeweiligen Mengen verfügbarer Wirkstoffe ermöglichen seit etwa zwei Jahren auch eine Weitergabe der chemischen Verbindungen an andere Hochschulen und Forschungsinstitute. In mehreren Firmenkooperationen wird zudem untersucht, wie industrielle Fehlchargen und Einstellreste nutzbar gemacht werden können, die bisher aufwendig vernichtet werden müssen.
Zweckverband innovativ beim nachhaltigen Umgang mit Wertstoffen
Oberbürgermeister Florian Janik begrüßt die Initiative: „In vielen Abfällen stecken wertvolle Stoffe, die man weiterverwenden kann. Mit unterschiedlichen Projekten wie zum Beispiel der stadtweiten Sammlung von Altspeisefett sorgen wir für mehr Nachhaltigkeit im Alltag. Im Sinne dieser Strategie unterstützen Stadt und Zweckverband Abfallwirtschaft die Initiative gerne.“ Der Zweckverband ist bereits seit vielen Jahren innovativ beim nachhaltigen Umgang mit Wertstoffen. So ist die Abgabe von Altfett dort bereits seit mehr als 20 Jahren möglich. Gesammelt werden aber beispielsweise auch Wachs und Kork zur Weiterverwendung.
Alte Arzneimittel nicht über die Toilette entsorgen
Wer Medikamente für die Altarzneimittel-Initiative zugänglich machen will, kann diese in den Apotheken des Stadtgebiets abgeben. Sie können auch in die Sammelbehälter an der Müllumladestation Erlangen oder an den Wertstoffhöfen Herzogenaurach und Medbach geworfen werden. Alte Arzneimittel dürfen nicht über Ausguss oder Toilette entsorgt werden.
(Eine Kurzfassung des Textes gibt es in der Stadtzeitung "Rathausplatz 1" - Ausgabe Mai 2024)
