Wende hin zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung
Stand: 09.01.2024
Kommunale Wärmeplanung, Energienutzungsplan und Energieberatung: Wichtige Bausteine auf den Weg zur Klimaneutralität.
Mit dem „Fahrplan Klima-Aufbruch“ will Erlangen die Klimaneutralität auf dem gesamten Stadtgebiet schnellstmöglich erreichen. 14 sogenannte „Leuchtturmmaßnahmen“ zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass sie eine schnelle und hohe Reduzierung klimaschädlicher Gase versprechen. Eine davon ist die Wende hin zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung in der Stadt. Die Kommunale Wärmeplanung ist ein wichtiger und gleichzeitig notwendiger Schritt in Anbetracht der Klimakrise.
Mit diesem strategischen Prozess soll die Wärmeerzeugung in Erlangen in den nächsten Jahrzehnten auf erneuerbare Energien wie Sonne, Wind, Umweltwärme (Energie aus Boden, Gewässern oder Luft) oder die Nutzung unvermeidbarer Abwärme aus Industrie, Gewerbe und dem Dienstleistungssektor umgestellt werden. Den Rahmen dafür gibt das Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze vor. Doch die Wärmeplanung beinhaltet dar über hinaus noch weitere Ziele, wie mehr Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit von Importen durch die Nutzung lokaler erneuerbarer Energien. Hinzu kommt das Schaffen lokaler Wertschöpfung und neuer Arbeitsplätze durch Investitionen in die hiesige Energieinfrastruktur. Durch Energieeinsparung und das Nutzen erneuerbarer Energien sollen zudem die Energiekosten für die Haushalte und die öffentliche Hand sinken.
Der erste große Schritt in diesem Prozess ist die Erstellung eines Energienutzungsplans (ENP) mit dem Schwerpunkt Kommunaler Wärmeplan. „Dieser ist vergleichbar mit dem Flächennutzungsplan in der Stadtplanung“, betont Ambrosius Ruch (Foto links). Der Diplom-Ingenieur, spezialisiert auf Energietechnik, ist seit Ende August Wärmewende-Koordinator im städtischen Amt für Umweltschutz und Energiefragen. Als solcher ist er dafür zuständig, den Transformationsprozess „Kommunale Wärmeplanung“ in die Tat umzusetzen.
Energienutzungsplan bereits 2024
Im Rahmen des ENP wird als erstes eine Bestands- und Potenzialanalyse durchgeführt. In den Blick genommen wird unter anderem, wie viel Wärme aktuell gebraucht und wie diese er zeugt wird, welche Energieinfrastruktur vorhanden ist oder in welchem Quartier der Wärmebedarf durch eine energetische Gebäudesanierung stark reduziert werden kann. Auch im Fokus: der Stromsektor. „Durch den Ausbau von Wärme pumpen und der Ladeinfrastruktur für die E-Mobilität wird der Strombedarf steigen, aber auch die lokale Erzeugung, beispielsweise durch Photovoltaik. Dafür müssen die Stromnetze auch in Zukunft leistungsfähig sein“, betont Ruch. Während das Wärmeplanungsgesetz vorsieht, dass Erlangen seinen ENP bis spätestens 30. Juni 2026 erstellt haben muss, soll dieser als Maßnahme des Erlanger „Fahrplans Klima-Aufbruch“ bereits 2024 abgeschlossen sein. „Derzeit befinden wir uns im Vergabeprozess, um den ENP in enger Zusammenarbeit mit einem unabhängigen Fachbüro zu entwickeln“, so der Erlanger Wärmewende-Koordinator.
„Wenn dieser Plan fertig ist, wissen wir konkreter, was wo getan werden kann.“ Hauseigentümer*innen bekommen dann konkrete Informationen an die Hand, ob ihr Quartier für den Neu- oder Ausbau eines Wärmenetzes geeignet ist und sie sich für den Anschluss daran entscheiden können. Alternativ können sie zwischen verschiedenen dezentralen Heizungsarten wählen, um die Anforderungen aus dem Gebäudeenergiegesetz zu erfüllen. „Das sorgt für Planungssicherheit und baut Unsicherheiten ab“, unterstreicht Ruch. Erst aus den Ergebnissen des ENP leiten sich in einem zweiten Schritt konkrete Maßnahmen für das Erreichen der Klimaneutralität in der Wärmeversorgung ab: Welche langfristigen Potenziale für erneuerbare Wärme es vor Ort gibt? Wie können bestehende Wärmenetze fossilfrei ausgebaut werden und in welchen Quartieren können neue grüne Wärmenetze aufgebaut werden? Gleichzeitig sieht der Wärmewende-Koordinator seine Aufgabe auch darin, zu vernetzen, zu informieren, Bürger*innen sowie lokale Akteur*innen in den Prozess einzubeziehen und im Sinne von „Best Practice“ als Stadt neue Wege anzustoßen: „Ein Beispiel ist unsere städtische GEWOBAU mit ihrem bundesweit beachteten ‚Energiesprong‘-Prinzip, eine energetische Sanierung durch seriell vorgefertigte Fassaden, die weniger Belastung für die Mieter*innen bedeutet und zugleich Energie, Zeit und Kosten spart.“
Kostenlose Beratung
Während die Wärmeplanung ein langfristiger Prozess ist, bietet die Energieberatung, die alle Bürger*innen, Institutionen und Unternehmer*innen kostenfrei nutzen können, direkte und unmittelbare Unterstützung, wenn es darum geht, Energiekosten durch eine energetische Gebäudesanierung zu senken. Energieberater Sebastian Stößel (Foto rechts) und seine drei Kolleg*innen beraten nicht nur kostenlos, sondern auch unabhängig zu den Themen energetische Sanierung von Gebäuden, nachhaltiger Neubau, Ausbau von Photovoltaikanlagen und informieren über (städtische) Fördermöglichkeiten. -
„Die von uns angebotene Erstberatung ersetzt zwar keine ausführliche, kostenpflichtige Energieberatung, wie sie beispielsweise durch externe Energieberater*innen durchgeführt wird“, so Stößel. „Sie bietet aber eine wichtige Orientierung. Damit haben die Beratenen eine gute Basis, wenn es ins Gespräch mit Energieeffizienz berater*innen oder Heizungsbauer*innen geht.“
Egal ob Stößel oder Ruch: Beide haben sich auf den Weg gemacht, um daran mitzuwirken, die Klimaneutralität im Stadtgebiet schnellstmöglich zu erreichen. Beide gestalten die Wärmewende als zentraler Baustein für die Energiewende Tag für Tag mit. Beide sorgen mit ihrer Arbeit dafür, dass Erlangen in puncto Klimaschutz einmal mehr eine Vorreiterrolle einnehmen kann. Beide haben ein Plädoyer: „Den Weg hin zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung schafft die Verwaltung nicht allein. Dafür braucht es das Engagement der gesamten Stadtgesellschaft.“
Drei Fragen rund um die Energieberatung
Es antwortet Sebastian Stößel, seit September 2022 Energieberater im Amt für Umweltschutz und Energiefragen der Stadt.
Wie läuft die Energieberatung ab?
Sebastian Stößel: „Unsere kostenlose und unabhängige Beratung findet in etwa einstündigen Terminen im Umweltamt (Schuhstraße 40) oder telefonisch statt. Eine Terminvereinbarung per Mail (energiefragen@stadt.erlangen.de) ist dafür notwendig. Wir besprechen, was die energetischen Schwachstellen am Gebäude sind, welche Optionen es gibt, was bei den möglichen Maßnahmen zu beachten ist und ob diese überhaupt sinnvoll sind. Wir sorgen mit unserer Beratung letztlich dafür, dass die Hauseigentümer*innen bereits vorinformiert sind und ein Basiswissen haben, wenn sie ins Gespräch mit Energieeffizienzberater*innen oder Heizungsbauer*innen gehen."
Wie groß ist die Bandbreite der Beratungen?
Sebastian Stößel: „Bei den Beratungen geht es neben den Fragen zur energetischen Sanierung von Gebäuden -- und zum nachhaltigen Neubau oft auch um Photovoltaikanlagen. Es ist wichtig, sich genau zu überlegen, wie der zukünftige Bedarf aussieht, wenn es um die Dimensionierung der PV Anlage geht. Dabei spielt es zum Beispiel eine Rolle, ob man plant, ein Elektrofahrzeug anzu schaffen oder die Heizung auf Wärmepumpe umzustellen. Darüber hinaus bearbeiten wir die Anträge des städtischen Förderprogramms für PV-Anlagen, Dämm-Maßnahmen oder den Einbau von Wärmepumpen. Wichtig bei den Förderanträgen ist, dass immer erst der Antrag gestellt wird, bevor man etwas beauftragt."
Was reizt Sie an der Tätigkeit als Energieberater?
Sebastian Stößel: „Als Diplom-Ingenieur Architektur kenne ich mich gut mit Bauphysik und Baukonstruktion aus. Ich weiß beispielsweise unter anderem genau, wo es Probleme mit Wärmebrücken geben kann. Dieses Knowhow jeden Tag zugunsten unserer Bürger*innen in den Beratungen anwenden zu können, bereitet mir große Freude. So kann ich ganz konkret meinen Beitrag zum Klima schutz leisten."
Text, Interview und Fotos: Michael Kniess
(Aus der Stadtzeitung "Rathausplatz 1" - Ausgabe Januar 2024)
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